Dr. Marlis Wiebogen-Wessely

Chirurgie und Orthopädie

Chirurgische Erkrankungen der Leber sowie des Gallengangsystems

Eingriffe an der Leber und Gallenblase

Generell unterscheidet man in der Leberchirurgie zwischen Eingriffen an der Leber, Eingriffen an den Gallenwegen und an der Blutgefäßversorgung der Leber.

Vor allem im Rahmen von Tumorerkrankungen (primäre Lebertumoren) kann es notwendig sein, einen oder mehrere Leberlappen chirurgisch zu entfernen. In vielen Fällen müssen Biopsien der Leber durchgeführt werden, zum Beispiel um eine Metastasierung von Tumoren auszuschließen oder eben zu bestätigen. Manchmal müssen Teile der Leber auch aufgrund eines Abszesses entfernt werden.

Die elektive Entfernung der Gallenblase (Cholecystektomie) zählt vor allem bei mittelalten Hunden zu einem häufigen Eingriff. Durch eine übermäßige Bildung von Gallenblasenepithel kann es zur Ansammlung von eingedickter Galle in der Gallenblase kommen. Die Gallenentleerung funktioniert nicht mehr richtig, die Verdauung findet dementsprechend nicht mehr adäquat statt, die Tiere werden ikterisch und apathisch. Im schlimmsten Fall kann es zu einem Platzen der stark gefüllten Gallenblase und einer sich daraus entwickelnden septischen (eitrigen)Bauchfellentzündung kommen. Daher wird in vielen Fällen bereits eine prophylaktische Entfernung der Gallenblase empfohlen.Nicht immer kann die Gallenblase einfach entfernt werden – ist der Hauptgallengang verstopft kann es notwendig sein, eine Verbindung zwischen der Gallenblase und dem Dünndarm herzustellen (Cholezystoduodenostomie) um den Abfluss der Galle zu ermöglichen.

Entfernte Gallenblase

Auch durch Tumorerkrankungen oder schwere Entzündungen der Bauchspeicheldrüse (Pankreas) kann es zu einer Abflussbehinderung der Galle kommen. In solchen Fällen muss manchmal ein sogenannter Stent in den Gallengang eingelegt werden um wiederum den Gallenabfluss zu erleichtern.

portosystemischer Shunt

Ein großes Gebiet im Bereich der Gefäßchirurgie der Leber stellen sogenannte portosystemische Shunts dar. Es handelt sich hierbei um eine Gefäßanomalie – nach der Geburt verbleibt eine Verbindung zwischen Pfortadersystem und der großen Hohlvene (V.cava). Das Blut umgeht teilweise die Leber und auf diese Weise gelangen Toxine aus dem Magendarmtrakt in den Kreislauf. Obwohl das Gehirn primär nicht betroffen ist, kann es durch die toxischen Substanzen im Blut zu neurologischen Symptomen (Anfälle, Kreiswandern, Drangwandern, etc.) kommen.

Da es sich bei einem portosystemischen Shunt um eine angeborene Gefäßmissbildung handelt, werden die ersten Symptome schon sehr früh beobachtet. Betroffene Tiere sind meistens kleiner als die Wurfgeschwister, sind nach dem Fressen oftmals apathisch und starren in eine Ecke, zeigen vermehrten Durst und dementsprechend auch vermehrten Harnabsatz und können in ganz schlimmen Fällen Krampfanfälle entwickeln. Diese Art von Krampfanfällen werden auch als „Hepatoenzephalopathie“ bezeichnet und heißt übersetzt nichts anderes, als das es sich um eine Krankheit des Gehirns handelt, die durch die Leber hervorgerufen wird.

Welche Rassen sind häufig betroffen? Dackel, Lhaso Apso, Mops, Chihuahua, Maltester, Pudel, Yorkshire Terrier, Zwergschnauzer

Am Anfang der diagnostischen Aufarbeitung stehen neben einer klinisch-allgemeinen und neurologischen Untersuchung eine Blutuntersuchung (Blutchemie & rotes Blutbild). Eine Verminderung des Blutharnstoffwertes, der Albuminkonzentration und des Blutzuckers können hinweisend auf einen Shunt sein. Der wichtigste Wert ist jedoch der Plasma Ammoniakspiegel. Ammoniak muss unmittelbar nach der Blutabnahme untersucht werden weil sich Ammoniak sehr schnell verflüchtigt – in der Tierklinik St. Pölten haben wir die entsprechenden Labordiagnostikgeräte vor Ort und können innerhalb weniger Minuten den Ammoniakspiegel bestimmen.

Die Gallensäuren sind weitere Laborparameter die zur Diagnose eines portosystemischen Shunts herangezogen werden können. Diese sind bei Tieren mit Shunt deutlich erhöht.Besteht nach Vorliegen der Laborergebnisse der begründete Verdacht eines Shunts, müssen bildgebende Diagnostikverfahren folgen. Hier kommen eine Ultraschalluntersuchung und sehr häufig im Anschluss eine Computertomographie zum Einsatz. Shunt-Konformationen können manchmal sehr komplex sein und nur mit Hilfe der Computertomographie festgestellt werden.

Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass der langsame, chirurgische Verschluss des Shuntgefäßes die beste Variante und die längste Lebenserwartung darstellt. Konservative Therapiemethoden (Medikamente, Leberschutztherapie, Futterumstellung, Kontrolle der Anfälle durch Antiepileptika) sind nicht annähernd so zielführend wie die Chirurgie und werden nicht empfohlen